Karl Weise  
  Karl Weise

Matrosengefreiter

Karl Weise

Entfernungsmesser der Flugabwehr

* 24.7.1920 in Lindenthal (Königreich Sachsen) - † 27.5.1941

Matrosengefreiter  
Karl Weise Deutschland (1921)

Deutschland (1921)

Quellen:

Irene Förster (Nichte und Patenkind) / Leipzig

Bundesarchiv Abteilung PA

Paul Karl Weise – von seiner Familie Karli genannt – wurde am 24. Juli 1920 in dem Ort Lindenthal nordwestlich von Leipzig, als jüngstes Geschwisterkind von fünf Brüdern geboren. Er war der Sohn von Frederike, geborene Göhre und Rudolf Weise. Die Familie wohnte in einer Wohnung in der Ludendorffstraße 20. Diese gehörte zu einer um die Jahrhundertwende entstandenen Eisenbahnersiedlung im Westen des Ortes Lindenthal. Die Siedlung war ein großes Gebäudeensemble aus dreistöckigen Mietshauszeilen mit Mehrfamilienwohnungen, welches sich entlang der Ludendorffstraße und mehrerer abzweigender Straßen hinzog. Die Häuserzeilen waren hellverputzt und rotgedeckt. Sie boten den Kindern der Nachbarschaft offene und breite Innenhöfe und angrenzende Grünflächen als Spielfläche. Zu dieser Zeit lebten rund 4.500 Einwohner in Lindenthal am Stadtrand von Leipzig. Hier wuchs Karl Weise mit seinen Geschwistern Rudi, Richard, Walter und Kurt auf. Er besuchte die Schule in Lindenthal und machte anschließend eine Lehre zum Fleischer in Clausthal-Zellerfeld im Harz. Warum er seine Lehre rund 200 km entfernt machte, ist nicht bekannt.

Familie Weise 1936. Stehend von links nach rechts die Geschwister Rudi, Richard, Walter und Kurt Weise, sitzend Karl und seine Eltern Friederike Marie Karoline (geborene Göhre) und Rudolf Richard Weise.

Familie Weise 1936. Stehend von links nach rechts die Geschwister Rudi, Richard, Walter und Kurt Weise, sitzend Karl und seine Eltern Friederike Marie Karoline (geborene Göhre) und Rudolf Richard Weise.













1 Ein vor dem Krieg entstandenes Portraitfoto (s. unten) zeigt ihn in Uniform während seiner ersten Grundausbildung und stützt die These.

1938 oder 39 meldete sich Karl Weise noch zu Friedenszeiten freiwillig zur Kriegsmarine. Sein Dienst begann, laut Angaben aus seiner Personalakte aus dem Bundesarchiv am 1. Oktober 1939 mit der Grundausbildung bei der 11. Schiffsstammabteilung in Stralsund. Eine Ansichtskarte aus dem Ort, geschrieben an seine Eltern und Geschwister, zeugt jedoch schon von einem früheren Aufenthalt in Stralsund im April 1939. Karl Weise schrieb diese Postkarte allerdings aus dem Lazarett. Der Husten sei fast ganz weg und merken tue er auch nichts mehr, teilte er darin mit. Vielleicht komme er bald raus, setzte er fort und sandte beste Grüße an seine Eltern und Brüder. Wahrscheinlich war er also bereits am 1. April 1939 einberufen worden1, war dann allerdings erkrankt und musste ins Lazarett, während die anderen Rekruten ihre Grundausbildung fortsetzen. Karl Weise hingegen wurde nach seiner Entlassung aus dem Lazarett wohl zunächst zur Genesung nach Hause geschickt um dann Anfang Oktober 1939 erneut einzurücken. Mittlerweile hatte der Krieg begonnen. Die abgebrochene Grundausbildung musste er nun wiederholen. Sie fand noch ungekürzt statt und dauerte drei Monate. Über Weihnachten und Neujahr blieben die Rekruten sehr wahrscheinlich in der Kaserne oder unternahmen einen Landgang in Stralsund. Für sie war es wohl das erste Weihnachtsfest getrennt von der Familie. Kurz nach Beginn des neuen Jahres erfolgten die Abkommandierungen. Karl Weise wurde an die Schiffsartillerieschule in Saßnitz kommandiert. Dort begann für ihn die Fachausbildung. In einem elfwöchigen Lehrgang wurde er intensiv an den Entfernungsmessern ausgebildet. Mit den optischen Geräten wurden Luft- und Seeziele beobachtet und deren Lage und Entfernung gemessen um anhand der gemessenen Daten Schusswerte für die Artillerie oder Flugabwehr zu errechnen. Anschließend wurde Karl Weise an der Flugabwehr- und Küstenartillerieschule in Swinemünde weiter vor allem praktisch ausgebildet. Während dieser Zeit übernahm er am 16. Juni 1940 die Patenschaft über seine Nichte Irene Weise, die uns von ihm hier erzählt. Sie kennt ihren Onkel „Karli “ nur aus den Erzählungen ihrer Familie, da sie zu klein war um sich an ihn zu erinnern.

Karl Weise als Matrose während seiner Grundausbildung bei der 11. Schiffsstammabteilung in Stralsund. Das Foto entstand noch vor dem Krieg und somit offenbar bevor er seine Grundausbildung krankheitsbedingt im April 1939 abbrechen und später wiederholen musste. Karl Weise wurde am 2. Juli 1940 zur Baubelehrung auf das Schlachtschiff Bismarck kommandiert. Mit der Bahn fuhr er nach Hamburg. Dort fand er sein Schiff am Ausrüstungskai der Werft Blohm & Voss vor. Noch führten Werftarbeiter letzte Arbeiten auf dem Schiff durch um es möglichst schnell der Kriegsmarine übergeben zu können. Die bereits nach Hamburg kommandierten zukünftigen Besatzungsmitglieder stürzten sich in das Getümmel und wurden in kleinen Gruppen durch das Schiff geführt. Auf ihren Erkundungen sollte sie das Schiff gründlich kennenlernen und etwa Leitungen verfolgen, die später vielleicht durch Einbauten verdeckt waren. Zur Baubelehrung wohnten sie auf Wohnschiffen. Während der Zeit in Hamburg ließ sich Karl Weise in einem Fotostudio in Hamburg-Altona portraitieren und schickte die Aufnahme seinen Eltern. Siebeneinhalb Wochen nach seiner Kommandierung trat er zur feierlichen Indienststellung der Bismarck mit seiner Division an Oberdeck an. Nun konnte er auch sein Wohndeck auf der Bismarck beziehen. Mitte September 1940 legte das Schiff ab und fuhr in die Ostsee. Für Karl Weise und viele andere Matrosen an Bord war es die erste Seefahrt. Als auf der Weiterfahrt von Kiel durch die Ostsee nach Gotenhafen schweres Wetter aufkam hatten viele mit der Seekrankheit zu kämpfen. In der Danziger Bucht wurde das neue Schiff in den nächsten Wochen intensiv erprobt und die Besatzung ausgebildet. Anscheinend zeigte Karl Weise dabei noch Defizite, so dass er Anfang Dezember 1940 zu einem dreiwöchigen Wiederholungslehrgang abkommandiert wurde. Bei der 3. Abteilung der Schiffsartillerieschule in Kiel absolvierte er den Entfernungsmesserlehrgang I. Am 20. Dezember endete der Lehrgang. In der Zwischenzeit hatte die Bismarck zurück nach Hamburg verlegt, wo Restarbeiten in der Werft durchgeführt wurden. Ob er nach seiner Rückkehr wie die meisten seiner Kameraden in den Weihnachtsurlaub geschickt wurde oder an Bord über die Feiertage erneut fern seiner Familie blieb ist unbekannt. Dieses Portraitbild in Öl von Karl Weise, ließ die Familie wahrscheinlich posthum anfertigen. Nach längerer Verzögerung wurde die Gefechtsausbildung im Frühjahr 1941 in der Danziger Bucht fortgesetzt bis Ende April schließlich das Ziel aller Anstrengungen: die Gefechtsbereitschaft, erreicht war. Mitte Mai 1941 lief Karl Weise schließlich zu seinem ersten Einsatz aus. Wo genau er an Bord als Entfernungsmesser seinen Dienst versah ist leider nicht bekannt. Den Untergang seines Schiffes wenige Tage später sollte er nicht überleben. Karl Weise war zum Zeitpunkt seines Todes 20 Jahre alt.

Der Familie wurde in einem Schreiben von der Marine mitgeteilt, dass ihr Sohn auf dem Schlachtschiff Bismarck gefahren sei und er seit dem Untergang als vermisst gelte, da seine sterblichen Überreste nicht geboren werden konnten. Für die Familie war es schwer unter diesen Umständen den Verlust zu akzeptieren. Bis der Sterbefall offiziell beurkundet werden durfte, verstrich ein ganzes Jahr.

 
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Lese-Tipp

Die Geschichte des Matrosengefreiten Karl Weise können Sie in unserem neuen Buch "Schlachtschiff Bismarck - Das wahre Gesicht eines Schiffes" Teil 1.3 ab der Seite 234 nachlesen.

 
 

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