Michael Usselmann  
  Michael Usselmann

Matrosenobergefreiter

Michael Usselmann

Entfernungsmesser, 3. später 2. oder 4. Division

* 8.7.1918 in Bamberg (Bayern) - † 27.5.1941

Matrosenobergefreiter  
Michael Usselmann Deutschland (1918)

Deutschland (1918)

Quelle:

Andreas Usselmann (Neffe) / Bamberg

Andreas Usselmann erzählt selbst über seinen Onkel Michel: „Als kleiner Junge (Jahrgang 1945) habe ich im Elternhaus erfahren, dass mein Onkel Besatzungsangehöriger des Schlachtschiffes Bismarck war und seit dem Untergang des Schiffes am 27. Mai 1941 als vermisst galt. Ein Bild in der Wohnung zeigte ihn in Marineuniform. Michel wurde als viertes Kind der Eheleute Michael und Margareta Usselmann, geborene Ernst, am 8. Juli 1918 in Bamberg geboren. Mit seinen Geschwistern (zwei Schwestern und ein Bruder) wuchs er auf dem elterlichen Bauernhof – in Bamberg werden die Landwirte zur Erinnerung an den früheren Weinbau ‚Häcker‘ genannt – am Fuße der Altenburg, einem Wahrzeichen der Stadt Bamberg, auf. Von meinem Vater erfuhr ich, dass er nach Abschluss der Volksschule – ein Foto zeigt ihn als Kommunionkind – eine Lehre als Metzger bei der Metzgerei Geldner (‚Alter Eckenbüttner‘) in Bamberg absolvierte. Danach arbeitete er als Geselle in der Metzgerei Panzer. Während dieser Zeit pflegte er auch eine Tradition der Bamberger Metzger – er betrieb Kraftsport, als Ringer (Halbschwergewicht) im Bamberger Kraftsportverein SC Roland.

Die Ringermannschaft des SC Roland mit Michael Usselmann ganz rechts.

Die Ringermannschaft des SC Roland mit Michael Usselmann ganz rechts.


1 Die Volljährigkeit begann damals mit 21 Jahren.

Ende 1938 ging Michael Usselmann dann zur Kriegsmarine. Da er mit zwanzig Jahren noch minderjährig1 und der Vater im Jahr zuvor verstorben war unterschrieb sein älterer Bruder die benötigte Einwilligungserklärung für das Annahmegesuch bei der Marine. Viereinhalb Monate dauerte die Grundausbildung in der 3. Schiffsstammabteilung in Kiel. Er leistete dann Dienst auf dem Schulschiff Schleswig-Holstein. Bekannt wurde das alte Linienschiff vor allem durch die Beschießung der polnischen Festung Westernplatte am 1. September 1939. Sie galt symbolisch als der Beginn des Zweiten Weltkrieges. Bis zum Monatsende nahm die Schleswig-Holstein noch an weiteren Festlandbeschießungen, zur Unterstützung der vorrückenden Landverbände des Heeres, teil und kehrte danach wieder zu ihrer Ausbildungstätigkeit zurück. Auf dem Schiff absolvierten Offiziersanwärter ihr erstes Bordpraktikum. Michael Usselmann war, als Angehöriger des Stammpersonals, davon natürlich nicht betroffen. Am 1. Oktober 1939 wurde er zum Matrosengefreiten befördert. Im Rahmen des Unternehmens „Weserübung“ wurde die Schleswig-Holstein erneut eingesetzt. Ihr kam dabei die Aufgabe der Besetzung Nyborgs und Korsør, im Großen Belt, zu. Eigens für diese Aufgabe wurde ein Verband aus Hilfsfahrzeugen zusammengestellt und Kriegsschiffgruppe 7 getauft. Der große Umfang der gesamten Operation – Dänemark und Norwegen sollten im Handstreich genommen werden – sowie die begrenzte Größe der Kriegsmarine erklären den wahllos zusammengewürfelt scheinenden Verband aus sechs Fischdampfern, drei Versuchsbooten, zwei Schleppern und zwei Transportern, mit der Schleswig-Holstein als Führungsschiff. Beim Anmarsch nach Nyborg ereignete sich ein Zwischenfall im engen Fahrwasser. In den frühen Morgenstunden des 9. April 1940 lief die Schleswig-Holstein auf Grund. Die eingeschifften Truppen mussten ausgebootet und die anderen Verbandsschiffe entlassen werden um ihren Auftrag auszuführen. Die Schleswig-Holstein konnte erst am Nachmittag mit Hilfe des Linienschiffs Schlesien und Booten der 15. Minensuchflottille wieder frei kommen. Das Unternehmen erreichte trotz hoher Schiffsverluste sein Ziel.

Michael Usselmann als Kommunionkind Ab Mai 1940 wurde die Mittelartillerie auf dem Linienschiff ausgebaut und für die Ausrüstung der Hilfskreuzer Orion und Widder verwendet. Im Oberkommando der Kriegsmarine kamen nun Pläne auf, die schon seit 32 Jahren im Dienst befindliche Schleswig-Holstein außer Dienst zu stellen. Großadmiral Raeder verhinderte jedoch die endgültige Stillegung. Im August wurde die Besatzung bis auf ein Wachkommando von Bord abkommandiert, so auch Michael Usselmann, der am 3. August zum Besatzungsstamm der Bismarck stieß. Noch drei Wochen dauerte die Baubelehrung an, ehe das Schiff am 24. August 1940 in Dienst gestellt wurde. Michael Usselmann war Entfernungsmesser und zunächst der 3. Division zugeteilt. Er absolvierte mehrere Lehrgänge und kam erst Anfang 1941, als Matrosenobergefreiter, wieder fest an Bord zurück. Wenige Monate später folgte der erste Einsatz des Schiffes. Michael Usselmann erlag am 27. Mai 1941 seinen beim letzten Gefecht der Bismarck erlittenen schweren Verletzungen. Er starb mit 22 Jahren. Sein Neffe berichtet weiter: „Ich erinnere mich noch daran, dass meine Großmutter regelmäßig Teile seiner Uniform gewaschen und auf die Rückkehr ihres Sohnes gewartet hat. In bleibender Erinnerung ist mir auch, wie meine Oma in Tränen ausbrach, als eines Tages ein Mann kam, der ihrem Sohn sehr ähnlich sah. In der Annahme, ihr Sohn sei noch am Leben, verstarb sie im Mai 1960. Das Schicksal der Bismarck hat mich dazu bewegt, Nachforschungen nach meinem Onkel anzustellen. Zufällig sah ich dabei beim Lesen des Buches ‚Schlachtschiff Bismarck‘ von Jochen Brennecke als Fußnote die Anschrift des Überlebenden Georg (‚Schorsch‘) Herzog aus Neukirchen. Ich setzte mich mit ihm in Verbindung. Sein (nachfolgend gedruckter) Bericht schildert, wie mein Onkel gefallen ist. Der Zufall will es, dass ich obwohl ich erst dreieinhalb Jahre nach seinem Tod geboren wurde, der Marine zugeneigt bin und ebenfalls diesen Kraftsport ausübte. Ich fühle mich verpflichtet, sein Andenken in Ehren zu halten.

Georg Herzog schrieb in seinem Brief vom 26. Janur 1962:

Sehr geehrter Herr Usselmann!

Als ich Ihre Zeilen öffnete, fiel ein Bild aus dem Kuvert, das Bild Ihres Onkels Michael Usselmann. Ich hätte Ihren Brief nicht mehr lesen brauchen, denn der Zufall will es, dass ich ein sehr guter Freund von Ihrem Onkel war. Ihr Onkel Michel was lange Zeit in meiner Schiffsdivision und zwar bei der III. Division. Die Schiffsdivision auf einem Schlachtschiff ist ungefähr die Stärke einer Kompanie und hat 180 - 240 Mann. Unser Divisionsführer war Herr Oberleutnant Lippold. Da Ihr Onkel Entfernungsmesser war, wurde er später zu der II. oder IV. Division versetzt. Ich kann aber nach so vielen Jahren nicht mehr so genau sagen in welcher Division er war.

2 Georg herzog bezieht sich auf das Wohnschiff New York, wo das Seemännische Personal für die Bismarck gesammelt wurde.

Portraitfoto von Michael Usselmann bei der Marine Ihr Onkel ist in Gotenhafen auf unser Schiff2 gekommen und zwar als alter ‚Sophie X‘ Fahrer. So wurden die Leute genannt, die vom Schulschiff Schleswig-Holstein zu unserem Schlachtschiff kamen. Es kamen damals mehr als die Hälfte dieser alten Mariner zu uns, um den Schiffsstamm zu bilden. Der Schiffstamm wurde auf drei Wohnschiffen gebildet, da die Bismarck noch in der Werft in Hamburg war. Ihr Onkel wurde mehrmals auf Lehrgang geschickt und kam Anfang des Jahres 1941 erst richtig an Bord. Ich war damals ein sehr junger Matrose und viele dieser alten Gefreiten und Obergefreiten waren für uns ein Vorbild. Und zwar ein Vorbild in jeder Art. Vor allem waren diese alten Mariner noch von einer guten Schule und gerade ihr Onkel Michel, Otto Kuhn, Hans Wagner, Xaver Schmidtbauer waren diese Leute, die uns in guter Kameradschaft überall beistanden, ob in guten, oder schlechten Zeiten. Wenn mir also die Tränen in den Augen standen, als ich das Bild Ihres Onkels in den Händen hielt, so können Sie das wohl nicht ganz begreifen, aber ich sage es Ihnen ehrlich, Ihr Onkel war mir soviel wie ein Bruder. Der Geist und die Kameradschaft die auf der Bismarck war hält über das Grab an. Was aber soll ich Ihnen schreiben von Ihrem Onkel. Ich war hernach ein Flaksoldat und im Gefecht weit weg von Ihrem Onkel. Überlebende die Ihren Onkel gekannt haben, gibt es nicht. (...)





3 In anderen Quellen ist oft vom „Adolf-Hitler-Platz“ die Rede.

Ihr Onkel ‚Michel‘ ist bis zum 27. Mai 1941 noch voll gesund gewesen. Um 8:00 Uhr oder 8:30 Uhr wurde er sehr schwer verletzt und wir haben ihn als Sanitätshelfer aus den Trümmern geborgen und auf den Notverbandsplatz gebracht. Der Notverbandsplatz war auf dem ‚Hindenburgplatz‘3, so wurde der hinterste Teil unseres Schiffes genannt. Ihr Onkel hatte sehr schwere Wunden an der Brust und der unterste rechte Fuß wurde von einem Volltreffer ganz weggerissen. Da der Blutverlust sehr groß war, so starb er neben einem seiner besten Kameraden, Hans Wagner aus Bayreuth. Seine letzten Worte waren ein Gruß an seine Mutter.

Sie werden sich fragen warum ich nicht schon eher einmal an seine Mutter geschrieben habe. Warum ich meinem Kameraden nicht seinen letzten Wunsch erfüllt habe. Man kann in diesem Fall denken wie man will, ich bin jedenfalls der Auffassung, dass das Leid, das damals über seine Mutter kam, groß genug war und meine Zeilen hätten es nur vergrößert. Die Todesnachricht von dem Oberkommando der Kriegsmarine wurde nur nach unseren eigenen eidesstattlichen Erklärungen ausgestellt. Damit hatte die Mutter die feste Nachricht, dass ihr Sohn Michel nicht mehr am Leben ist. Was hätte daher ein großer, schauerlicher Bericht für einen Wert gehabt. Auch für Sie würde es nicht viel von Nutzen sein, wenn ich heute einen großen Bericht gebe und wenn Sie diesen Bericht wahrscheinlich dazu benutzen um neue Wunden aufzureißen. Ich bin gerne bereit falls Sie es wünschen noch Rede und Antwort zu geben.

 
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Teil 1.3

Seemännisches Personal (Mannschaft von M bis Z)

Lese-Tipp

Die Geschichte des Matrosenobergefreiten Michael Usselmann können Sie in unserem neuen Buch "Schlachtschiff Bismarck - Das wahre Gesicht eines Schiffes" Teil 1.3 ab der Seite 213 nachlesen.

 
 

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